01.08.2006: Wahlkampf im Netz 2006: meist ein Trauerspiel
Ich bin heute abend einmal um die virtuellen Ecken des Netzes gezogen, um mir den Wahlkampf zur Abgeordnetenhaus- und Bezirksverordnetenwahl 2006 in Berlin mal online anzusehen.
Und ich sage Euch: Es ist kein schöner Anblick.
Um Plakate soll es diesmal nicht gehen (das hatten wir schon), sondern um Websites.
Ich zog also los, ausgestattet mit einem Firefox samt Web Developer Extension. Mein Fokus sollte jetzt weniger auf der inhaltlichen Überzeugungsleistung liegen, ob derer ich mich ohnehin keinen allzugroßen Illusionen hingebe, sondern rein auf der Sauberkeit der handwerklichen Durchführung.
Für diejenigen Leser, die vielleicht weniger mit dem Thema zu tun haben, sei noch folgender Aspekt erwähnt: Barrierefreiheit (die „Kunst“, (u. a.) Webauftritte auch solchen Menschen zugänglich zu machen, die aufgrund von Behinderungen (Farbenblindheit, sonstige Sehschwäche, Störungen der Feinmotorik, Taubheit, Epilepsie …) bisweilen vor Barrieren gestellt werden) hat als erste Voraussetzung eine handwerklich einwandfreie Ausführung, also die Verwendung von HTML, das den geltenden Standards entspricht. Eine Website, die das nicht tut, kann von assistiven Techniken (Vorlesegeräte, Umsetzer in Blindenschrift o. ä.) nicht vernünftig verarbeitet werden. Man kann auch mit sauberem Handwerk noch viel falsch machen, aber ohne geht es gar nicht.
Was vielleicht auch nicht jedem bekannt ist: Behinderte Menschen nutzen das Internet stärker als nicht behinderte Menschen. Und behinderte Menschen sind auch stimmberechtigt.
Wer also seinen Online-Wahlkampf nicht barrierefrei gestaltet, muß schon ganz schon bescheuert sein. Und die Doofen werden einfach nicht alle.
Meine Reise beginnt jedes Mal bei Google Deutschland mit dem Suchbegriff „Partei Berlin Wahlen 2006“, da ich ja etwas über den Beitrag der fraglichen Partei zu den Berlin-Wahlen 2006 zu erfahren gedenke.
Kommen wir zunächst zur CDU. Der dritte Treffer sieht interessant aus (ist offenbar von der CDU). Ist schon mal ein Griff ins Klo mit fünfzehn Validierungsfehlern.
Als nächstes schauen wir mal nach der SPD. Diesmal Treffer von Parteigliederungen, bevor wir auf das SPD-Portal zur Wahl stoßen. Nun gut. Nur 12 Fehler; das ist aber nur scheinbar besser, da hier sogar die Angabe des verwendeten HTML-Dialekts vergessen wurde. Setzen, sechs.
Mit dieser Dosis Frust im Bauch geht's nun zu den Grünen. Hier ist auf der ersten Ergebnisseite keine einzige Seite zu finden, die berlinweite Infos verspricht; nur Untergliederungen sind dabei. Schade, schade, schade. Nennt sich wohl Basisdemokratie. Oder so.
Sehen wir als Letztes mal nach den Linken. Erster Treffer ist einschlägig: sehr gut! Das läßt hoffen, SEO haben sie offenbar im Griff. Und nicht nur das: kein Fehler, nicht einer! Superklasse.
Und wer weiter schaut, findet auch andere Kriterien der Barrierefreiheit erfüllt. Eine Partei nimmt das mit dem Online-Wahlkampf wenigstens etwas ernst.
Wie? Was? FDP? Totalausfall mit 89 Fehlern. Aber von denen hatten wir ja auch nichts Anderes erwartet …
2 Antworten auf „Wahlkampf im Netz 2006: meist ein Trauerspiel“
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von nikolas
am 02.08.2006:
hey, danke! das ist ja kein gefälligkeitslob, deswegen freut’s mich um so mehr! ich geb’s weiter an warenform, unsere chaotisch-gute online-agentur. lg
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von Heinz
am 02.08.2006:
Die Wahlkampf-Website der Linkspartei.PDS ist übrigens http://www.bewegt-berlin.de