30.11.2010: Was ist denn daran wirklich so anders?
Wenn sich ein Informant widerrechtlich Daten über Kunden einer Bank beschafft, diese auf eine CD brennt und für ordentlich Zaster an deutsche Finanzbehörden verkauft (sich also selbst bereichert, hier sind eher keine altruistischen Motive im Spiel), dann freuen sich die Behörden wie Schnitzel und tun fix das Ihre, um die entwichenen Steuerschäfchen, und vor allem die hinterzogenen Steuern, wieder einzufangen. Außer den direkt Betroffenen regt sich auch kaum jemand auf, hier und da wird ein kritisches Wort laut, aber das war’s dann auch. Und nun hat auch das Bundesverfassungsgericht dem seinen Segen gegeben.
Nun kann man natürlich geteilter Meinung darüber sein, was Julian Assange bzw. WikiLeaks dazu motiviert, massenweise geheime Dokumente von US-Behörden zu veröffentlichen. Auch hier ist aber davon auszugehen, daß die Daten nicht auf rechtlich einwandfreiem Weg erlangt wurden. Und plötzlich ist die Aufregung groß, Hans-Peter Friedrich von der CSU vergleicht WikiLeaks sogar mit der Stasi. Das ist natürlich völliger Schwachsinn, denn wenn die Stasi irgendwas nicht gemacht hat, dann geheime Informationen zu veröffentlichen. Die, die es sozusagen direkter betrifft, erniedrigen sich erst selbst, indem sie um Gnade flehen, und wollen die Enthüllungsplattform dann am liebsten zur terroristischen Organisation erklären lassen.
Dabei ist die Ausgangslage eigentlich in beiden Fällen ähnlich. Jemand tut etwas, von dem er sicherlich weiß, daß es falsch ist, und hofft, daß es nicht herauskommt. Dann kommt es eben doch heraus. Und trotzdem sind die Reaktionen so unterschiedlich.
Nebenbei bemerkt: Wenn nicht einmal die US-Regierung in der Lage ist, ihre Daten unter Verschluß zu halten, wer soll es dann können? Leider werden auch die jüngsten Appelle gegen die ungebremste Datensammelwut sicher ungehört verhallen, aber sie sind absolut berechtigt: Daten, die nicht erhoben oder gespeichert werden, können auch nicht „herauslecken“.