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buntklicker.de

das Blog von Martin Ibert: Merkwürdiges, Banales und Persönliches aus Deutschlands einziger Stadt

22.05.2008: wenig Platz in der U-Bahn

Das muß ich nach etwa zwei Wochen mit meiner neuen Tageszeitung klar als Nachteil verbuchen: Das größere Format läßt den Platz zum Nebenmann knapp werden.

Aber sonst bin ich mit dem Wechsel bislang recht zufrieden. Ich habe viele Jahre lang – wenn auch mit Unterbrechungen in den Zeiten, in denen ich mit dem Auto zur Arbeit gefahren bin – die Berliner Zeitung gelesen. Doch meiner persönlichen Meinung nach ist die gefühlte Qualität der Berliner Zeitung – auf allen Gebieten, von schlampiger Recherche über schlampige Formulierungen bis zu schlampiger Rechtschreibung und Zeichensetzung – seit dem Einstieg des Investors David Montgomery auf ein inakzeptables Niveau abgesunken. Während der ehemalige Chefredakteur Uwe Vorkötter – jetzt bei der Frankfurter Rundschau – noch erbittert gegen den Einstieg eines Finanzinvestors kämpfte (und folglich danach alsbald gehen mußte), gibt der neue Chefredakteur Josef Depenbrock (wie man hört, entgegen dem Redaktionsstatut – und natürlich wider jede Vernunft) gleichzeitig den Geschäftsführer des Berliner Verlages und führt damit die journalistische Unabhängigkeit der Redaktion ad absurdum.

Nach Vorkötters Abgang wurde die Leserschaft über all diese Vorgänge weitgehend im Unklaren gelassen; wie gut, daß man heutzutage online auch auf andere Quellen zurückgreifen kann, so wie die Süddeutsche Zeitung, die in Artikeln wie diesem hier den Prozeß aufmerksam begleitet.

Und dann läßt sich auch noch ausgerechnet der Chefredakteur Depenbrock im Lichte einer – meiner Meinung nach – vergleichsweise eher unbedeutenden Enthüllung über Stasi-Verstrickungen in der Redaktion dazu hinreißen, in einem Leitartikel zu schreiben:

Gerade die Redaktion der Berliner Zeitung ist bekannt für ihre Nachhaltigkeit in der Recherche und für exklusive Nachrichten, bisweilen auch weit beachtete Enthüllungen. Die Redaktion der Berliner Zeitung hat an diesem Wochenende an ihrer Glaubwürdigkeit Schaden genommen, sie wird in den kommenden Tagen und Wochen alles unternehmen, dass diese Glaubwürdigkeit wieder zweifelsfrei hergestellt wird.

Irgendwie hat der gute Mann nicht verstanden, daß er selbst die Glaubwürdigkeit der Redaktion zumindest in meinen Augen in den vergangenen Monaten soweit zuschanden geritten hat, daß es auf die paar Stasi-Vorwürfe jetzt jedenfalls nicht mehr ankam.

Das war dann der letzte Anstoß, die Zeitung zu wechseln. Jetzt lese ich den Tagesspiegel und bin jedenfalls bisher recht zufrieden damit.

Nur unser Zeitungsbote, beziehungsweise seine Agentur, haben den Wechsel nicht so richtig mitbekommen. Nach dem Ende meines Berliner-Zeitungs-Abonnements landeten zunächst keine Zeitungen mehr in meinem Briefkasten. An dem Tag, an dem die Lieferung des Tagesspiegels hätte beginnen sollen, fand ich wieder eine Berliner Zeitung (aber keinen Tagesspiegel) vor. Auf meinem am Briefkasten befestigten Zettel an den Boten, er möge mir doch bitte einen Tagesspiegel in den Briefkasten stecken, vermerkte dieser, er habe keine Änderung erhalten, und ich möge das bitte mit dem Verlag klären (kam meinem Wunsch aber trotzdem nach). Drei oder vier Telefonate mit beiden Leserservice-Callcentern später hat sich hoffentlich jetzt alles geklärt …

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