Politik
08.07.2007: Ich bin enttäuscht.
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, sagt man. Und in diesem Fall endet der Blick ins Grundgesetz in einer herben Enttäuschung.
Absatz 2 des Artikels 2 des Grundgesetzes sagt:
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Im Klartext: In das Recht auf Leben darf aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Ich dachte bisher, die Vorstöße des Wolfgang Schäuble seien klar und eindeutig außerhalb der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Offenbar ist das nicht der Fall. Wir sind schon viel weiter, als ich dachte.
Zwar sagt Artikel 102, daß die Todesstrafe abgeschafft sei. Aber Strafen gibt es ja auch nur für verurteilte Straftäter und nicht für Terrorverdächtige.
07.06.2007: In der freiheitlichen Demokratie des Grundgesetzes haben Grundrechte einen hohen Rang. Der hoheitliche Eingriff in ein Grundrecht bedarf der Rechtfertigung, nicht aber benötigt die Ausübung des Grundrechts eine Rechtfertigung.
Gut erkannt, Bundesverfassungsgericht. Nur leider die falschen Schlüsse gezogen.
Der Titel dieses Beitrags ist wörtlich der oben verlinkten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entnommen. Etwas so Weises über unser Rechtssystem bzw. den Zustand, den es haben sollte, habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Umso unverständlicher, daß daraus nicht der naheliegende Schluß gezogen wurde, daß die Demonstranten bis an die Grundstücksgrenze des Tagungsortes des G8-Gipfels vorzulassen sind – öffentliche Wege für Demonstrationen zu sperren kommt natürlich nicht in Betracht.
Statt dessen wurden die Ereignisse von Rostock der vergangenen Tage hergenommen, um die demokratiefreie Zone Heiligendamm zumindest in wesentlichen Teilen zu bestätigen. Es war zu erheblichen Ausschreitungen gekommen, weil eine erhebliche Anzahl von in – nach Augenzeugen zufolge brandneuen – Autonomenuniformen gekleideten Menschen in Rostock Randale gemacht haben. Es wurden zwar ein paar Fragen gestellt, wie eine solche Anzahl von gewaltbereiten Personen die Vorabkontrollen der Polizei unterlaufen konnten, aber die logische Schlußfolgerung mochte irgendwie niemand ziehen. Ebenso unbeantwortet blieb die Frage, wie es kommt, daß die Gewalttäter dermaßen organisiert vorgehen konnten. Das ist für die chronisch chaotische extreme Linke auch nicht wirklich typisch. Von den neuen Kutten ganz abgesehen.
Die Frage muß erlaubt sein: Wäre ein Abbruch des Gipfels wegen unkontrollierbarer Sicherheitslage – seien die Krawallmacher nun echt oder nicht – wirklich schlimmer als die Demontage unseres Rechtssystems, die wir jetzt erleben?
Ich glaube nicht.
09.05.2007: Pflichtlektüre
Und wer danach noch meint, man könne noch für die Union stimmen bei den nächsten Wahlen, hat meiner Meinung nach etwas Grundsätzliches nicht verstanden.
Ja, ich weiß. Otto Schily war auch nicht viel besser. Aber ich erkenne doch eine neue Qualität. Diese Generalverdachtsdoktrin ist neu, das gab es so bei Schily noch nicht. Weit gespannt, zu weit gespannt, das sicher; aber alle, ohne Unterschied? Nein.
