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buntklicker.de

das Blog von Martin Ibert: Merkwürdiges, Banales und Persönliches aus Deutschlands einziger Stadt

Politik

26.05.2009: Ich verstehe die Milchbauern nicht.

Wie gut, daß ich gestern nicht mit dem Auto durch die Berliner Innenstadt mußte. Hunderte von Traktoren blockierten vielerorts den Verkehr. Auch wenn ich mich natürlich frage, ob das Recht, sich friedlich zu versammeln, nicht eigentlich eher für Menschen (nach dem Wortlaut des Grundgesetzes sogar nur für Deutsche) als für Traktoren gilt, will ich das mal nicht vertiefen …

Auch daß die Bauern Steuererleichterungen fordern (und auch bekommen werden, wie’s aussieht), kann ich nachvollziehen. Wer hier häufiger liest, wird sich denken können, daß ich nicht gerade ein Marktradikaler bin und staatliche Eingriffe in Marktmechanismen in bestimmten Fällen schon sinnvoll finde. Dies mag durchaus einer sein.

Was ich aber überhaupt nicht verstehe, sind die Proteste wegen der niedrigen Milchpreise. An wen richten sich die? Der Milchpreis wird im Großen und Ganzen durch den Markt bestimmt. Gibt es viel Milch (und das ist im Moment so), muß man sie zu niedrigen Preisen anbieten, sonst bekommt man sie nicht verkauft. Gibt es weniger Milch, kann man höhere Preise verlangen, verkauft aber eine geringere Menge zum höheren Preis. Will man also höhere Preise erzwingen, muß man die Menge verringern, die auf dem Markt ist. Und zwar nicht im Rahmen eines Milchstreiks, sondern dauerhaft und nachhaltig. Klar, das ist gar nicht so einfach, weil ja auch Milch aus dem Ausland importiert wird, aber das lassen wir mal beiseite.

So oder so ist – plump gesagt – die Menge an Geld, die für Milch ausgegeben wird, endlich und kann nicht beliebig erhöht werden. Was die Bauern offenbar eigentlich wollen, nämlich so viel Milch, wie heute zu niedrigen Preisen verkauft wird, zu hohen Preisen zu verkaufen, wird nicht funktionieren. Und zwar egal, wie man es anfängt: Auch wenn der Staat den Milchpreis gesetzlich festlegen würde, würde die Nachfrage und damit die verkaufte Menge sinken. Ganz normaler Vorgang.

Also, liebe Milchbauern: Ich sehe ja ein, daß Ihr für einen Erzeugerpreis von 18 Cent pro Kilogramm Milch nicht kostendeckend produzieren könnt. Aber dann muß halt insgesamt weniger produziert werden. Viel weniger. Oder Ihr verkauft die Hälfte der Milch für 36 Cent und schüttet die andere Hälfte weg. Wäre Euch damit gedient?

24.05.2009: Herzlichen Glückwunsch, Grundgesetz!

Heute Gestern vor 60 Jahren wurde das Grundgesetz, die Ersatz-Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, verkündet. Das eigentlich als Übergangsverfassung gedachte Statut erwies sich als großer Wurf, der als Vorbild für diverse andere Verfassungen diente.

Seitdem wurde es rund 60mal geändert, oft dabei vergewaltigt, wie 1956 bei der Wiedereinführung der Wehrpflicht. In letzer Zeit wird es von der Politik gerne ignoriert, und wenn das Bundesverfassungsgericht – ein absolutes Killerfeature unseres Grundgesetzes – seine Einhaltung einfordert, gibt es Kritik von der Exekutive. Seltsamerweise muß der verantwortliche Minister nicht zurücktreten und ist noch immer im Amt. Na ja, kommt ja öfter vor.

Schade, daß dieser schöne runde Geburtstag des alten, geschundenen Grundgesetzes, dadurch entwertet wird, daß ausgerechnet Horst Köhler als Bundespräsident wiedergewählt wurde, der doch, als es darauf ankam, leider verkackt hat.

Im Umfeld des runden Geburtstags kam wiederholt die Frage auf, ob es nicht besser gewesen wäre, nach 1990 ein neue Verfassung – auf Basis des bewährten Grundgesetzes – vom gesamten deutschen Volk verabschieden zu lassen. Vielleicht, aber die Chance ist vorbei. Was dabei heraus käme, wenn heute aus dem Politik-Establishment ein neuer Entwurf für eine Verfassung käme, möchte ich mir lieber nicht vorstellen.

Da wünsche ich dem Grundgesetz doch lieber noch ein langes Leben. Auch wenn ich nicht so viel Hoffnung habe.

23.03.2009: Beratungsresistenz und Ignoranz auf Ministerinnenebene

Familienministerin Ursula von der Leyen möchte auf Biegen und Brechen die Sperrung von kinderpornographischen Angeboten im von Deutschland aus nutzbaren Internet durchsetzen.

Warum gibt sich die Frau für einen derart durchsichtigen Etikettenschwindel her? Klar, wer Ahnung von der Materie hat, meldet sich zu Wort und sagt laut, daß das nicht funktionieren wird. Ungetrübt von jeglicher Sachkenntnis tut die Ministerin das als „Nebelkerzen“ ab.

Die wahre Gefahr liegt aber, wie meistens, ganz woanders. Sobald überhaupt erst einmal Sperrlisten kursieren, wie ineffektiv sie auch sein mögen, werden sehr schnell Begehrlichkeiten geweckt, diese auch anders zu nutzen. Solche Tendenzen gibt es ja beispielsweise auch bei den Datengräbern „Autobahnmaut“ und „Vorratsdatenspeicherung“. Kinderporno schickt man vor, weil das eben was richtig Ekliges ist, für das niemand die Stimme erheben mag. Und die Ministerin läßt sich willig vor diesen Karren spannen. Wenn wir die Sperrlisten erst mal haben, sind bald auch Urheberrechtsverletzer, Bombenbauanleitungsveröffentlicher, Glücksspielanbieter, die Opposition und die regierungskritische Presse dran. Und wir Blogger natürlich. Und alle, die was gegen Schäuble haben, sowieso.

Dann möchte ich doch lieber, daß auch der Zugang zu Kinderpornos nicht gesperrt werden kann. Auch wenn ich Kinderpornos auch scheiße finde.

24.10.2008: Und jetzt? Was machen wir jetzt?

Wenn die Panik regiert, schweigt die Vernunft – anders kann man das Geschehen an den Börsen zur Zeit nicht erklären. Daimler droht damit, im Jahre 2008 statt 7,7 nur noch gut 6 Milliarden Euro verdienen zu können, und die Aktie geht in den Sturzflug. Au weia, schon wieder eine Gewinnwarnung!

Ihr habt noch nichts gesehen. Wenn es so kommt, wie es kommen müßte, kommt es noch schlimmer. Für die profitablen Unternehmen jedenfalls.

Gerade für uns in Deutschland als bisher weltgrößte Exportnation, der zunehmend die ausländischen Märkte abhanden kommen, muß es jetzt heißen: Binnennachfrage ankurbeln! Und dafür braucht man Geld, und zwar für die einkommensschwachen Haushalte. Und Vertrauen. Wie ich neulich schon in einem Kommentar zu Svens Politikblog schrieb (er ist übrigens ein Apokalyptiker), brauchen wir jetzt eine massive Umverteilung von Unternehmensgewinnen hin zu den privaten Haushalten, insbesondere zu denen, die es sich nicht leisten können, Geld zu sparen. Denn seien wir doch mal ehrlich: Wenn mir (der ich, obwohl ich gerne jammere, ja so schlecht nun auch nicht bezahlt werde) jemand einfach so 100 Euro gibt, spare ich die. Jedenfalls teilweise. Damit sind sie für den Wirtschaftskreislauf erst einmal verloren. Gibt man die 100 Euro aber einem allein erziehenden Hartz-IV-Opfer mit hungrigen Kindern, dann werden die ausgegeben. Aber sofort. Das bringt die Inlandsnachfrage in Gang.

Für die Unternehmen, die bisher noch gute Gewinne eingefahren haben, heißt das: Raus mit der Kohle an die unteren Lohngruppen! Dividenden und Vorstandsboni aussetzen, alles an die Belegschaft ausschütten, was da ist. Das, und eine glaubhafte Zusicherung, betriebsbedingte Kündigungen nur bei drohender Insolvenz auszusprechen (das war die zweite benötigte Komponente – Vertrauen), würden Wunder wirken, um die Inlandsnachfrage in Schwung zu bringen. Muß ja nicht für ewig sein, ein paar Jahre genügen vielleicht schon.

Ach ja. Wieder nur ein Traum. Aber daß mir keiner hinterher erzählt, es hätte niemand einen Vorschlag zur Lösung gehabt.

🙂

Nachtrag: Wow, das ist doch was: Nach wenigen Minuten mit „Wenn die Panik regiert, schweigt die Vernunft“ auf Platz 1 bei Google!

11.10.2008: Bilde ich mir das nur ein?

Oder läuft im Fernsehen im Moment wirklich mehr Werbung für Geldanlagen als normalerweise? Auch in meiner Zeitung fallen mir vermehrt Anzeigen, die um meine Geldanlagen werben, auf, vor allem solche der UBS. Ganz offensichtlich haben sich auch die gebotenen Zinssätze verändert; 5,25 % für Neukunden und 5 % für neues Geld (auch von Bestandskunden) scheinen normal zu sein. Die Sparkassen ertrinken in Geld, da die Kunden sie für die solideren Institute halten, was ich nicht nachvollziehen kann.

Und wenn ich mal postuliere, daß ich mich nicht irre: Was bedeutet das? Letztes Aufbäumen oder Beginn der Hinwendung zum privaten Kunden?

Es bleibt spannend. Die bisherigen, schon recht herben, Kursverluste an den Börsen scheinen mir durch institutionelle Anleger, deren Schadensbegrenzungsmechanismen gezündet haben, noch durchaus erklärbar (und das gilt auch noch für einige weitere). Ich behalte meine Investmentfondsanteile fürs erste … sie jetzt noch zu verkaufen hätte eh keinen Sinn mehr, und Geld zum Nachkaufen habe ich nicht – außerdem wäre es dazu wohl auch noch zu früh. Fürchte ich.

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