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buntklicker.de

das Blog von Martin Ibert: Merkwürdiges, Banales und Persönliches aus Deutschlands einziger Stadt

Politik

07.10.2008: Laßt uns mal zusammen träumen!

Stellt Euch vor, es ist Finanzkrise. Die Banken trauen einander nicht mehr über den Weg und weigern sich, einander Geld zu leihen. Es ist für die Banken, die ohnehin durch Abschreibungen auf aus den USA importierten Schrottkrediten hinreichend gebeutelt sind, einfach nicht mehr möglich, durch reines Bewegen von virtuellem Geld weiteres virtuelles Geld zu verdienen.

Da durch das ausnahmsweise mal kluge Agieren der Bundesregierung die deutschen Sparer darauf verzichten, voller Panik alle ihre Spargroschen abzuheben, haben die Banken, die noch Spargelder von Bürgern entgegen nehmen (und das sind in Deutschland ja die meisten) doch noch ein bißchen Geld, das arbeiten will, zur Verfügung. Und da sie anderen Banken ja nichts mehr leihen wollen – so weit geht die Zuversicht dann doch nicht – müssen sie es den Unternehmen der Realwirtschaft, der es ja bisher noch recht gut in diesem Land, leihen, so daß es dort nicht zu einer Kreditkrise kommt. Auch der Personalabbau bei den Banken kommt zum Stillstand, da das Geschäft mit echten Kunden im Vergleich zu den reinen Luftgeschäften im Investmentbanking und Interbankenhandel doch recht personalintensiv ist. (Eine Rückbesinnung auf das Geschäft mit „echten“ Privatkunden ist übrigens bereits erkennbar.)

Natürlich wird die Exportwirtschaft durch das Wegbrechen des US-amerikanischen Marktes getroffen, nur werden ja etliche der „deutschen“ Produkte, die in den USA verkauft werden, mittlerweile auch dort hergestellt, so daß die Leidtragenden zumindest zum Teil die amerikanischen Arbeiter deutscher Firmen sind.

Sinkende Nachfrage, z. B. aus den USA, führt auch – bereits deutlich zu sehen – zu einem Nachgeben der Energie- und Rohstoffpreise. Insgesamt gibt es für die deutsche Wirtschaft neben negativen Einflüssen auch einige positive, so daß statt einer Megarezession eher eine Art Konjunkturdelle entsteht.

Der Neoliberalismus aber ist am Ende, die Märkte haben bei der Selbstregulierung komplett versagt. Staatliche Kontrolle, so unangenehm das sein mag, ist in der Wirtschaft an manchen Stellen nun einmal unerläßlich. Und da auch klar ist, daß in Zukunft die Inlandsnachfrage eine größere Rolle wird spielen müssen, müssen auch höhere Lohnsteigerungen auf Kosten der (kurzfristigen) Unternehmensgewinne her.

Und so geht in meinem – unserem – Traum die deutsche (und auch die europäische) Wirtschaft eher gestärkt als geschwächt aus der Krise hervor, während die wirtschaftliche Hegemonialstellung der USA, die ohnehin nie auf mehr als tönernen Füßen stand, ihr längst überfälliges Ende findet.

Ein Traum? Gewiß. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

18.09.2008: Grippe

Jahrzehntelang hieß es, wenn die US-amerikanische Wirtschaft einen Schnupfen habe, erleide die europäische eine Grippe. Nun gut, in diesen bewegten Zeiten weiß man nie, was nächste Woche sein wird, aber bisher ist das Bild klar: Die europäische Wirtschaft hat in der Tat die Grippe, auch wenn wir bisher höchstens die Anfangssymptome erleben. Aber die amerikanische Wirtschaft ist von einem Schnupfen weit entfernt. Sehr sehr weit.

Viel eher ist es so, daß das EKG der US-amerikanischen Wirtschaft eine gerade Linie zeigt, trotz der Versuche der Defibrillation durch diverse Notenbanken.

Fern sei es mir, darob in Schadenfreude zu verfallen. Eine wirtschaftliche Schwäche eines der wichtigsten Absatzmärkte deutscher Produkte kann kein Grund zum Jubeln sein, von indirekten Effekten via China und Indien ganz zu schweigen. Und natürlich gönne ich auch vielen Millionen amerikanischen Bausparern, daß sie ihre Häuschen in Ruhe zu Ende abbezahlen können.

Aber wenn die aktuelle Krise uns auf dem Weg zu einer multipolaren Welt weiterbringt, dann … muß es vielleicht so sein … vielleicht erleben wir ja wirklich gerade das Ende der US-amerikanischen Ära.

19.04.2008: Mist, jemand hat das tatsächlich gelesen!

So oder so ähnlich stelle ich mir die Reaktion der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries angesichts der losbrechenden Protestwelle gegen das geplante BKA-Gesetz vor. Wer soll denn auch damit rechnen, daß Parlamentarier Gesetzentwürfe, die sie doch eigentlich nur durchzuwinken haben, tatsächlich inhaltlich prüfen?

Zypries, die ihre generelle Kompetenz immer wieder gerne zur Schau stellt, hat wahrscheinlich gedacht, das vermutlich im stillen Kämmerlein mit ihrem parteieigenen Scharfmacher Dieter Wiefelspütz und natürlich dem Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble ausgekasperte Machwerk würde einfach so ungelesen Gesetz werden. Das hat nun nicht geklappt.

Und nun steht sie da, mal wieder die rechtstaatliche Kompetenz in Person. Von Schäuble und Wiefelspütz erwartet man ja nichts Anderes, die haben den Rechtsstaat ja schon lange auf dem Altar der vermeintlichen Inneren Sicherheit geopfert, aber wie eine Justizministerin, deren einzige Aufgabe die Erhaltung eben dieses Rechtsstaates ist, der Überwachung der Wohnungen Unverdächtiger (!) durch Kameras zustimmen kann, erschließt sich mir nicht. Wie man, nachdem so etwas aufgeflogen ist, im Amt bleiben kann, auch nicht.

Aber, da bin ich sicher, das wird sie hinbekommen.

Ob ich ihr mal ein Grundgesetz schicken soll?

19.04.2008: Hamburg: Koalition der Verlierer

Gut 17 Prozent weniger Wähler haben 2008 für die jetzt koalierenden Parteien in Hamburg gestimmt als 2004, nämlich nur noch 405.539 statt wie vor vier Jahren noch 490.397. (Ergebnis als PDF.) Die Hamburger CDU bekommt dazu noch einen Sonderpunkt für den Verlust der absoluten Mehrheit in der Bürgerschaft (nicht der Wählerstimmen, die hatte sie auch vorher nicht).

Die Verzweiflung auf beiden Seiten muß groß sein, vor allem aber bei der GAL – alle prominenten Konfliktpunkte wurden entweder unter den Teppich gekehrt oder gleich im Sinne der Union „gelöst“. Laßt uns doch die Elbe ausbaggern, Hauptsache, wir baggern mit!

Traurige Zeiten für Deutschland. Mit Rot-Rot-Grün hätte es so etwas wie einen Neuanfang geben können, so aber wird der Effekt der sein, daß auch die Grünen langsam aber sicher aus dem Kreis der wählbaren Parteien ausscheiden, wenn das so weitergeht.

24.02.2008: Respekt, Kurt Beck!

Mir ist völlig unklar, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu ihren Ergebnissen kommt.

Natürlich war es mutig, die rot-rote Karte kurz vor den Wahlen in Hamburg zu spielen. Und gegenüber der Hamburger SPD sicher auch nicht ganz fair, wenn es, wie man hört, nicht abgesprochen war.

Aber das Ergebnis spricht für sich: Es würde locker für Rot-rot-grün reichen. Es ist keine Panikreaktion ob der rot-rot-grünen Option zu erkennen, ganz im Gegenteil. Alles, was fehlt, ist der Wille, es zu probieren. Ole von Beust ist ganz klar und unmißverständlich abgewählt.

Ganz ähnliche Verhältnisse wie in Hessen. Und auch die Lösung zur Regierungsbildung ist ähnlich offensichtlich.

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