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buntklicker.de

das Blog von Martin Ibert: Merkwürdiges, Banales und Persönliches aus Deutschlands einziger Stadt

25.10.2010: Ich bin ja mal gespannt.

Vor wenigen Tagen endete ja bekanntlich die Einspruchsfrist für die Erstveröffentlichung von Google Streetview. Viel ist in der jüngsten Vergangenheit dazu gesagt und geschrieben worden, leider das meiste davon kompletter Unsinn.

Bedauerlicherweise hat sich Google dazu entschlossen, Gebäude auch bei Widerspruch nur eines Bewohners unkenntlich zu machen. Da wir in einer Eigentümergemeinschaft wohnen, könnte ein einzelner Querschläger unser gesamtes Haus verpixeln lassen.

Es wird sicher spannend werden, wie sich der Markt entwickelt, aber eins ist für mich klar: Wenn ich mich für den Kauf einer Wohnung interessiere, und ich stelle fest, daß das Gebäude bei Google verpixelt ist, schaue ich mir direkt die nächste an. Ich vermute, daß Wohnungen in verpixelten Gebäuden quasi unverkäuflich sind.

Sollte irgend jemand unser Haus verpixelt haben lassen, hoffe ich, daß ich jeden Euro Wertverlust aus ihm rausklagen kann.

Übrigens sieht das Haus, in dem ich wohne, so aus.

25.10.2010: braune Scheiße im Anmarsch

Abgesehen von unserem Staatsoberhaupt, der sich ja entgegen meinen Erwartungen bei seinem Staatsbesuch in der Türkei (und auch sonst) recht gut macht, zumindest was seine Äußerungen zur Integrationsproblematik angeht, kriegt man im Moment einfach nur das kalte Kotzen, wenn man sich so ansieht, was für eine braune Scheiße durch unser Land schwappt.

Deutschland ist kein Einwanderungsland, sagt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Im Moment stimmt das sogar: Deutschland ist ein Auswanderungsland, es wandert mehr Menschen aus als ein – übrigens gilt das auch für Menschen mit türkischem Hintergrund. Das ist ein Alarmzeichen; wir müssen uns also um Einwanderer bemühen, um ein weiteres Schrumpfen der Bevölkerung zu verhindern. Außerdem sollte man sich darüber Gedanken machen, warum es so viele Menschen fort zieht aus Deutschland. Leider muß man wohl konstatieren, daß der Fachkräftemangel auch die Bundesregierung bereits fest im Griff hat.

Bundeskanzlerindarstellerin Angela Merkel erklärt Multikulti für absolut gescheitert. Was das für kompletter Unsinn ist, erkennt jeder, der sich in einer Stadt wie Berlin bewegt, ziemlich schnell: Multikulti allenthalben. Wenn ein Deutscher einen Döner ißt, ist das Multikulti. Wenn ein türkischer oder türkischstämmiger Unternehmer deutsche Mitarbeiter einstellt, ist das Multikulti. Wenn Culcha Candela spielen, ist das Multikulti. Familien, die aus Familien mit und ohne Migrationshintergrund bestehen, sind Multikulti. Wenn Deutsche Bauchtanz lernen, ist das Multikulti. Es gibt so viel Multikulti, jeden Tag und überall. Unsere Gesellschaft ist ohne Menschen mit Migrationshintergrund auch kulturell nicht mehr vorstellbar. Wie blind muß man sein, um das nicht zu sehen?

Es macht sich ein Generalverdacht gegen Muslime breit, angeheizt durch undifferenzierte Scharfmacher aus den Reihen der Union. Dabei sollten wir uns in Erinnerung rufen, daß die an den Ereignissen des 11. September 2001 beteiligten Muslime überwiegend Opfer waren – unter den Opfern aus den Türmen des World Trade Center, den Passagieren und den Rettungskräften waren mehr Muslime als unter den Terroristen. Sofern man die Terroristen überhaupt als Muslime werten darf, was ja auch wohl sehr zweifelhaft ist, denn das Umbringen Unschuldiger ist zutiefst unislamisch.

Natürlich behauptet niemand ernsthaft, daß es keine Probleme mit Integration und Zusammenleben gibt. (Die gibt es übrigens auch mit Menschen ohne Migrationshintergrund, die die Integration in unsere Gesellschaft ablehnen.) Nur wird man die mit pauschalen Verurteilungen nicht lösen können, ganz im Gegenteil. Wer sich integrieren soll, muß sich erst einmal willkommen fühlen. Wen man von vorneherein ausgrenzt und unter Generalverdacht stellt, der zieht sich zurück und versucht, Kontakte zu vermeiden.

17.10.2010: Lichtblicke, wo man sie nicht vermutet

Ihr wißt, daß ich gerne und oft Hohn und Spott über die Mitglieder der Sauerstoffverbraucher- und Umweltaufheizervereinigung ausschütte, die sich derzeit „Bundesregierung“ nennen darf.

Aber manchmal gibt es Lichtblicke, wo man sie nicht vermuten würde. Sogar bei – zieht Euch das rein – Ursula von der Leyen! Sie setzt sich für den Zuzug qualifizierter Fachkräfte ein, egal von wo. Der Hammer! Ich bin begeistert! Es gibt also nicht nur tumbe Altnazis bei der Union.

Eine lobende Erwähnung möchte auch unserem Verteidigungsminister für seine Unterstützung für die AbschaffAussetzung der Wehrpflicht widmen, und unserem Bundespräsidenten Christian Wulff für die Erkenntnis, daß der Islam zu Deutschland gehört.

07.10.2010: die beiden Dimensionen von Stuttgart 21

Auf Marcus‘ Kommentar hin möchte ich hier vielleicht nochmal klarstellen, daß es zwei Dimensionen von Stuttgart 21 gibt, die durchaus auseinanderzuhalten sind.

Auf der einen Seite ist da der übel aus dem Ruder gelaufene Polizeieinsatz. Grundsätzlich ist es natürlich schon so, daß die Polizei den Auftrag und rein formaljuristisch auch das Recht hatte, die Blockade der Baustelle zu räumen. Das mag einem nicht gefallen, es ist aber wohl so. Nur, ob aus Dummheit oder zynischer Berechnung, hat sich die Polizei in eine Lage gebracht, in der dieses Ziel nur noch durch Anwendung absolut nicht zu rechtfertigender Gewalt mit Gefahr für mindestens Leib, wenn nicht Leben, friedlicher Menschen zu erreichen war. Vieles spricht natürlich für die zweite Theorie, aber beweisen kann man das – wie üblich, wenn der Verdacht schwerster Straftaten gegen Polizisten im Raum steht – nicht. Sei es wie es sei, der Einsatz hätte abgebrochen werden können, und müssen. Daß nun auch noch wenig überzeugende, weil wahrscheinlich im Nachhinein gestellte, Filmchen vorgeführt werden, erhöht die Erbärmlichkeit des Ganzen nur noch.

Zu beneiden ist die Polizei andererseits aber auch nicht. Ganz offenbar, und gemäß dem Zeitgeschmack, wird unter dem Deckmäntelchen einer im Prinzip ja sinnvollen Zielsetzung, nämlich der Verbesserung der recht chaotischen Eisenbahninfrastruktur im Raum Stuttgart, ein Monstermilliardenprojekt durchgedrückt. Alternativen werden nicht geprüft, begründete Bedenken weggewischt. Wer dagegen ist, dem wird vorgeworfen, er stelle sich gegen die hehre, wenn auch nur vorgeschobene, Zielsetzung, und nicht nur gegen das Milliardenmonster.

Daß sich eine Kostenexplosion einstellt, verwundert niemanden. Während in Baden-Württemberg die Milliarden ungebremst in die Erde gepflügt werden sollen, ist für den Rest des Landes auf viele Jahre kein Geld mehr da – alles Andere verrottet, dringend benötigte Maßnahmen sind wegen des Großprojekts mit ungewissem Ausgang nicht finanzierbar. Der Gedanke an Korruption in ganz großem Ausmaß stellt sich unweigerlich ein.Und die „arme“ Polizei muß den Scheiß dann gegen friedliche Demonstranten durchdrücken.

Ganz klar: Hier liegt Monumentalversagen auf der obersten Ebene vor. Mittlerweile hat wohl selbst Mappus gemerkt, daß er überzogen hat. Nur muß natürlich vor ergebnisoffenen Gesprächen ein vollständiger Baustopp her. Man kann schließlich nicht vornerum verhandeln und hintenrum Fakten schaffen.

Daß nun ausgerechnet der Juchtenkäfer wenigstens dem Baumfällen ein zumindest vorläufiges Ende beschert hat, ist zwar im Ergebnis natürlich erfreulich, wirft aber kein gutes Licht auf die politischen Entscheidungsprozesse in desem Land. Wieder einmal.

06.10.2010: Brüderle: mal so, mal so, wie’s gerade paßt

Der derzeitige Umwelterwärmer und Sauerstoffverbraucher auf dem Platz des Bundeswirtschaftsministers, Rainer Brüderle, will Stuttgart 21 gerne weiter bauen. Nicht etwa weil es sinnvoll wäre (ist es ja in der jetzt geplanten Form auch nicht, das scheint wohl Konsens zu sein), sondern alleine deswegen, weil es mal beschlossen wurde.

Moment mal kurz. War es nicht derselbe Brüderle, der wortreich die Aufweichung des Atomausstiegs als Meisterleistung verteidigt hat? Wieso denn das? Der Atomausstieg ist demokratisch legitimiert und parlamentarisch beschlossen. Warum ist es in Ordnung, eine sinnvolle Maßnahme durch Kotau vor der parteispendenden Energiewirtschaft zu verwässern – und das noch auf sehr fragwürdige Weise –, während der Verzicht auf ein idiotisches Prestigeprojekt, dessen Kosten schon lange aus dem Ruder gelaufen sind und dessen Machbarkeit unter großen Fragezeichen steht, nicht in Ordnung ist?

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